Früher habt ihr euch geliebt, ganz sicher. Dann kam viel Arbeit – man hatte ja ein gemeinsames Ziel. Immer mal Streit, aber das gehört zur besten Beziehung dazu. Erschrocken, als das öfter und heftiger wurde.
„Ja, aber so schlimm ist es doch nicht. Wenn die Kinder größer sind und der Betrieb wieder mehr Zeit zum Atmen gibt, dann läuft alles wieder wie früher“.
Aber diese Zuversicht funktionierte nicht lange.
Dann wurden die Konflikte mehr und heftiger. Wegen jeder Kleinigkeit ging einer von euch an die Decke.
Oder es macht sich Schweigen breit. Das ist vielleicht noch schlimmer.
Vielleicht kennst Du das in der Art oder so ähnlich?
Oder Du hast Sorge, dass es so kommen könnte?
Wird es irgendwann wieder gut?
Wenn beim Schlepper die Hydraulikpumpe leckt oder die Waschmaschine defekt ist, wenn im Stall eine Geburt nicht vorangeht, oder sich auf dem Feld eine Krankheit ausbreitet, die Du nicht kennst, was machst Du dann? Dann holst Du Dir jemanden, der das repariert oder der weiß, was man in der Situation machen muss, damit es wieder gut wird.
Das ist irgendwie ganz normal, und das ist auch gut so!
Ein blauer Fleck heilt (fast) von alleine, auch eine Magenverstimmung klingt vielleicht von alleine wieder ab, wenn man eine Zeitlang darauf achtet, was man isst.
Aber eine Beziehung ist kein Schlepper und ein heftiger Streit keine Magenverstimmung.
Warum fällt es dann so schwer, sich für eine „defekte Beziehung“ Hilfe zu holen?
Warum eigentlich?
Wenn man selber nicht mehr weiter weiß ist es selbstverständlich, sich bei einer kaputten Maschine oder bei einer unbekannten Krankheit jemanden zu suchen, der sich damit auskennt. Aber bei der eigenen Partnerschaft nicht? Warum?
Vielleicht ist es die Angst davor, sich (gegenseitig) eingestehen zu müssen, nicht mehr weiter zu wissen, also „gescheitert zu sein“? Das kann sich so endgültig anhören…
Aber fühlst Du Dich persönlich und abschließend gescheitert, wenn während der Ernte ein Schlepper einen Schaden hat? Das ist ärgerlich, ja, vielleicht gefährdet das den Zeitplan oder die Trockenphase ist dann um. Aber gescheitert? Für immer? Doch eher nicht. Oder?
Klar, es kostet Überwindung, sich einzugestehen, an die Grenzen seines Wissens oder Könnens zu gelangen und für ein Problem keine Lösung zu haben. Aber lernt man dabei nicht etwas? Geht es einem nicht das ganze Leben lang so, dass man entweder etwas kann – oder man lernt es zu können, wenn man es braucht?
Chance etwas zu lernen
Klar, wenn der Schlepper kaputt ist, lässt sich oft relativ genau sagen, was das Problem und was dafür die Lösung ist. Wenn es in der Beziehung knirscht oder man sich ständig fetzt, obwohl man sich doch eigentlich lieb hat, hat man selten eine echte Idee, was das eigentliche Problem ist oder weiß, was dafür die geeignete Lösung ist.
Oft wird dann versucht, die Situation auszusitzen und man hofft darauf, dass es irgendwann wieder von alleine besser wird.
Aber ehrlich – das hat schon bei kleineren Streits nicht funktioniert, warum sollte das dann bei großen Konflikten gehen?
Eine Partnerschaft ist komplex und vielschichtig. Zu denken, das Miteinander würde einfach so funktionieren, indem man Arbeit, Bett und Tisch teilt, ist ein fataler Irrtum. Niemand käme auf die Idee, ein moderner landwirtschaftlicher Betrieb oder ein Unternehmen ließe sich erfolgreich führen, wenn man sich ausschließlich daran orientiert, was man so von anderen hört, oder was man sich in Filmen abguckt. Es ist völlig klar: Dafür braucht man eine gute Ausbildung, sonst wird das… vielleicht irgendwas, aber kein erfolgreicher Betrieb.
Man beginnt als Anfänger…
Wenn man irgendetwas Neues lernt, sei es eine fremde Sprache, Melken, den Führerschein macht oder beginnt Geige zu spielen, dann fängt man als Anfänger an. Egal, ob man 14 ist, 25 oder 56. Es ist holprig und ungelenk am Anfang, man wird Fehler machen, und die erste Zeit kann es anstrengend sein, für alle. So ist das Leben.
Aber wer nicht beginnt, kann sich auch nicht entwickeln. Wer nicht beginnt, bleibt da wo er ist.
Und das ist schade. Denn wir Menschen sind dafür gemacht, Neues zu lernen.
Und eine Partnerschaft ist dafür da, dass man es miteinander gut hat und das Leben leichter und schöner wird!
Also auf geht es: Wege entstehen, in dem man sie geht.
Werdet souverän und sicher
Wenn es nicht rund läuft in Deiner Partnerschaft, nimm das nicht hin. Akzeptiere das nicht als schicksalhaft, oder schiebe die Schuld gar dem Partner oder der Partnerin zu.
Nein. Nimm es in die Hand.
Findet euch zusammen erzählt euch gegenseitig, dass ihr nicht zufrieden seid, so wie es ist. Dass es nicht gut läuft, das ist euer gemeinsamer Feind. Ihr seid nicht eure Feinde. Ihr seid die Verbündeten, die gerade nicht wissen, wie es gut funktionieren kann.
Und dann lernt genau das.
Wie muss es sein, damit unser Zusammenleben gut läuft, dass wir konstruktiv streiten, wenn es etwas zu klären gibt, dass wir einander verstehen, wenn es etwas zu erzählen gibt, und dass wir wertschätzend und liebevoll miteinander umgehen, wenn das Herz weich und warm ist.
Es geht um so viel!
Holt euch jemanden zu Rate, der euch erklären kann, was das Schwierige ist, wo Missverständnisse entstehen, und warum, und was ihr konkret tun könnt, um das gelingende Miteinander zusammen zu lernen. Und der euch zeigt, wie ihr euch individuell entwickeln könnt, damit die Partnerschaft leichter wird.
Und dann übt. Jeden Tag, immer wieder.
Und wenn ihr hinfallt: Aufstehen, Krone richten, weiter gehen.
Bis es schnurrt, das Getriebe eurer Partnerschaft.
Und ihr natürlich auch.
Es lohnt sich!
Seid glücklich in eurem Familienbetrieb!
Peter Jantsch
PS: Unterstützung zu holen, ist ein Zeichen von Klugheit und Weitsicht. Schließlich geht es darum, die eigene Handlungsfähigkeit und Lösungskompetenz zu erweitern. Das ist eure Lernaufgabe, damit das, was im Moment nicht so klappt, in Zukunft „normal“ ist.
Am besten lernt ihr von Jemanden, der es selbst bereits gelernt hat …