Es ist zum Verzweifeln: Eine Kostenlawine überrollt die Landwirte.Vielen steht das Wasser bis zum Hals, es ist höchste Not. Was kann man tun?
Dramatisch steigende Preise, nicht nur für Dünger sondern auch für Pflanzenschutzmittel, Diesel, Strom sowie für Maschinen und Ausrüstungen. Auch Bauzinsen ziehen an. Teilweise höhere Erlöse können den Kostenanstieg in der Regel nicht ausgleichen. Anders als in anderen Branchen kann die Landwirtschaft ihre Mehrkosten nicht an die Kunden weitergeben.
Vielen Landwirten oder Landwirtinnen steht nun das Wasser bis zum Hals. Höchste Bedrängnis in einer sich zuspitzenden Dynamik. Sie fühlen sich getrieben, unbedingt etwas unternehmen zu müssen, gleichzeitig aber auch ohnmächtig, überhaupt irgendetwas ändern zu können.
Aber was soll man tun?
Eimer über den Hof treten? Güllefässer vor Gebäuden ausleeren? Die Decke über den Kopf ziehen?
Das ändert alles nichts an der Situation und macht es auch nicht besser.
Was aber dann?
Sollte es möglich sein, seinen Verstand sinnvoll zu nutzen – was in Stress- Situationen meistens nicht gut geht – dann kann man sich die Frage stellen:
„Kann ich in diesem Augenblick etwas konkretes unternehmen, was die akute Situation ändert?“
Wenn ja: Tun!
Wenn nein: Irgendetwas anderes machen, was eh getan werden muss. Aber nicht sich gehen lassen.
Das berührt einen wichtigen Punkt:
„Wem das Wasser bis zum Hals steht, der sollte den Kopf nicht hängen lassen.“
Was als zynisches Wortspiel so locker flockig daherkommt, besagt, dass es nichts besser macht, wenn man verzweifelt ist oder sich hängen lässt. Auch wenn es sich ganz von alleine anbietet oder es sich als für die Situation angemessen anfühlt: Schlechte Stimmung nutzt nichts. Sie macht alles nur noch schlimmer, weil es die anderen Menschen im Umfeld zusätzlich belastet.
Im Grunde genommen ist es sinnloser Egoismus, über die akute Äußerung seiner Emotionen hinaus sich in dunkler-Wolken-Stimmung zu baden.
Natürlich machen das die wenigsten absichtlich. Und die wenigsten wollen in dieser Lähmung verharren. Diese dunkle Wolke kommt so über einen. Aber dort muss sie nicht bleiben.
Auch wenn es Scheiße hagelt: Nicht wegducken, sondern Rücken gerade aufrichten.
Man ist nicht als Person schlecht, nur weil es einem in einer Sache schlecht geht, auch wenn die sehr groß ist. Man ist mehr als diese Sache. Man ist mehr als diese Situation.
Was kannst Du also konkret tun?
Heiter sein.
Ich kenne das persönlich auch, wenn natürlich in einer anderen Dimension, als wenn einem 6 oder 7-stelliger Kapitaldienst im Nacken liegt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es den Kontostand nicht ändert, ob ich gut gelaunt, neutral-heiterer oder in verzweifelter Stimmung bin.
Auch wenn es Dir selber komisch vorkommt oder andere das nicht nachvollziehen können: Selbst wenn die äußeren Umstände katastrophal sind und Dir das Wasser bis zum Hals steht, kannst Du heiter sein oder leise lächeln. Es ändert nichts am Wasserstand, aber an der eigenen Stimmung und an der Stimmung in Familie und Betrieb. Und DIESER Unterschied kann groß sein!
Gelassenheit entwickeln.
Tatsächlich ist die Erfahrung, dass sich die äußeren Umstände nicht ändern, egal ob Du verzweifelt bist oder heiter, das Zugangsportal zu Gelassenheit. Wenn die Preise zu hoch / zu niedrig sind, wenn es draußen regnet (schön wärs!) oder wenn es zu trocken ist, oder auch, wenn Dein Konto leer ist und Du in dem Moment nichts daran ändern kannst, dann kannst Du dennoch ruhig und entspannt sein, weil alles andere nichts nutzt.
Es geht sogar noch weiter: Es ist oft für die Situation äußert hilfreich, wenn du ruhig und entspannt bleibst. Das Gehirn kann besser denken und Deine Gelassenheit kann anderen helfen, selber ruhig und entspannter zu werden.
In die Zukunft denken
Wenn es gelingt zu denken und die unbefriedigende oder herausfordernde Situation mit klugem Verstand anzuschauen, dann kann man sich eine paar hilfreiche Fragen stellen.
Häufig fragt man sich: Warum ist es so gekommen? Das kann interessant sein, wenn es darum geht, etwas, was man selber zu verantworten hat oder selbst verbockt hat in Zukunft nicht wieder so zu machen. Aber bei Umständen, auf die man keinen oder nur sehr geringen Einfluss hat, halte ich diese Frage für unnötig, da es einen nicht weiter bringt sondern nur dazu geeignet ist, im Problem hängen zu bleiben. Besser finde ich es, nach vorne zu denken:
„Ist diese Situation für irgendetwas gut?“
„Was kann ich unter diesen Umständen besonders gut lernen?“
„Wofür ist diese Situation eine besondere Gelegenheit?“
„Gab es in ähnlichen Situationen etwas, was weitergeholfen hat und was auch hier anwendbar wäre?“
„Welche meiner Stärken könnten in diesem Kontext besonders zur Geltung kommen?“
Der nächste Schritt
Du musst in dem Moment, wo Dich die Situation überschwemmt, nicht die ganze Lage ändern, sondern erst mal nur Dich selbst. Das wichtigste ist, selber aus dem Gefühl der Ohnmacht herauszukommen. Dafür kümmere Dich als allererstes einmal um Dich, bis Du wieder lebens- und handlungsfähig bist. Das ist wie im Flugzeug: Sorge zuerst dafür, dass Du eine Sauerstoffmaske hast, dann kümmere Dich um die anderen.
Dann geht es darum, einen nächsten spürbaren Schritt zu gehen in die richtige Richtung. Die Gefahr ist, weil das Ganze so groß erscheint, gar nichts zu machen. Es geht aber jetzt nur um den nächsten Schritt. Der nächste spürbare Schritt aus der Ohnmacht heraus in die richtige Richtung. Irgendetwas geht immer. Gehe an, was angegangen werden kann. Aber das tue.
An dem, was Du eh nichts ändern kannst, daran verbrenn Dir nicht Deine Finger und auch nicht Deine Zeit.
Transparenz
Kämpfe diesen Kampf nicht alleine. Zusammen geht es besser.
Oft verstricken sich nahestehende Menschen in Streit und Distanz, wenn sie in Situationen stehen, die sie überfordern. Dabei sind sie nicht ihre Feinde. Die Feinde sind: das Wetter, die Preise, Der Krieg, zu viel zu tun, unklare Organisation, unter den Teppich gekehrte schwelende Konflikte usw.
Um gemeinsam den äußeren Feind zu bekämpfen und nicht sich gegenseitig, ist es wichtig viel miteinander zu reden und einander mitzuteilen, wie es einem damit geht, was man denkt, befürchtet oder sich wünscht. Miteinander reden verbindet. Und zusammen seid ihr stärker.
Kopf hoch!
Situationen, die man nicht zu verantworten hat, sucht man sich nicht aus. Also kann man sie sich auch nicht vorwerfen.
Worauf Du Einfluss hast, ist, wie Du damit umgehst: Die eigene Stimmung, die persönliche Haltung, der Umgang miteinander.
Diese Verantwortung hast Du, ob Du willst oder nicht, und dieser Verantwortung muss Du Dich stellen.
Also los: Kopf hoch und tue das, was getan werden kann.
Wenn Du eine kompakte und konkrete Anleitung möchtest, wie Du trotz widriger Umstände eine gute Stimmung haben kannst, dann lies meinen Ratgeber „Schluss mit schlechter Laune!“
Halte Dich wacker!
Peter Jantsch
PS: Und wenn man untergeht, dann besser aufrecht und in Würde, als klein und verzweifelt.
Aber das ist ein anderes Thema, das besprechen wir später.
Foto (Symbolbild): pixabay (hermann, Hans), P. Jantsch. Bearbeitung: P. Jantsch
1 Kommentar zu „Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht…“
Hallo Peter,
ich bin immer wieder begeistert wie sehr du die Situationen auf unseren landwirtschaftlichen Betreiben auf den Punkt bringst.
Jeder Impuls zeigt mir dass ich nicht alleine bin , sondern dass wir ganz viele in einem Boot sind, die mit den gleichen Herausforderungen kämpfen.
Vielen Dank dafür!
Herzliche Grüsse von Tanja