Das ist doch zum dreinschlagen: Echte Probleme werden von echten Kerlen mit den Fäusten, mit schnellen Autos, einer gezielten Ladung Dynamit oder mit dem Sechsschüsser gelöst, besonders, wenn man schneller zieht als der eigene Schatten. Zuhause hingegen gibt es Mecker, wenn man zu spät zum Essen kommt, die Schuhe nicht richtig hinstellt oder nicht erklärt, wie man sich fühlt. Wenn man mal einfach was macht, ist es nicht recht, und wenn man nichts macht, ist es noch schlimmer.
Und während draußen den wortkargen Mackern mit Sonnenbrillen und hochgeschlagenen Mantelkragen die hübschen Bräute zu Füssen liegen, läuft zu Hause nichts mehr im Bett, seit die Kinder da sind und der Stall vergrössert wurde. Das kann es doch nicht sein, oder?
Es wird zunehmend sichtbarer, dass der Mann mit seinen herkömmlichen Methoden immer öfter im Alltag nicht mehr funktioniert. Männer mit Burn-Out oder mit Depressionen, Männer, die merken, dass es in der Familie oder im Bett nicht mehr läuft, die aber nicht verstehen, was ihre unzufriedenen Frauen eigentlich von ihnen wollen. Männer, die lieber warten, dass sich die Dinge klären, als die Dinge zu klären. Männer, die sich lieber in Arbeit vergraben, als mal innezuhalten und sich Rechenschaft abzulegen, was sie eigentlich genau wollen und wie sie dahin kommen können. Männer, die Schwierigkeiten lieber mit sich alleine ausmachen, anstatt über sie zu reden. Männer, die irgendwann vor dem Scherbenhaufen ihrer Beziehung stehen und nicht sagen können, was genau sie dorthin geführt hat, denn der Betrieb steht doch eigentlich ganz gut da. Was also ist schief gelaufen?
Viele Männer sind verunsichert. Es sind derzeit keine guten Vorbilder im Angebot für ein Mann-Sein, dass im 21.Jahrhundert Antworten auf die anstehenden Herausforderungen in Gesellschaft, Familie und Betrieb gibt. Wenn der Mann sich aber so weiter entwickelt, wie er schon immer war, gerät er ins Abseits.
Rettet den Mann, denn niemand weiß, wer er heute eigentlich ist.
Früher war alles klar: Der edle Ritter, der Jungfrauen vor Drachen rettet und mit seinem Schwert für Ehre und Gerechtigkeit kämpft. Der immer siegende James Bond, Casanova, der eine Frau nach der anderen ins Bett kriegt oder Aquaman, der mit Muskeln und Dreizack Heere von Feinden besiegt.
Es scheint so schlüssig: Das traditionell Urmännliche, ein harter, starker Körper, der jeder physischen Gefahr trotzt. Der Mann als unkaputtbare Körpermaschine, eine Urgewalt zur Lösung jedes Problems. Stolz. Tapfer. Alleine.
Was vor tausenden oder hunderten Jahren möglicherweise wirklich ein Erfolgsrezept gewesen war, funktioniert heute so nicht mehr.
In den letzten 50 bis 60 Jahre wurden viele absurde und überkommene Rollenzuschreibungen in unserer Gesellschaft aufgelöst oder zumindest gelockert, es wurde viel zur Gleichberechtigung von Mann und Frau erreicht.
Im Zuge der Emanzipation haben die Frauen an einem neuen Rollenverständnis gearbeitet. Leider haben die Männer es versäumt, entsprechendes für ihr eigenes Selbstverständnis zu tun. Es wurde vor allem versucht zu bewahren, damit nicht zu viele von den traditionellen Pfründen verloren gehen.
Der Mann muss also in der Tat gerettet werden, sonst ist von ihm irgendwann nichts mehr übrig.
Der patriarchale Macho ist am Aussterben und das ist in mancherlei Hinsichten gar nicht mal so schlecht. Der harte Mann wird zunehmend abgelehnt, ihn findet man eigentlich nur noch in den Randbereichen unserer Gesellschaft. Den frauenverstehenden Nice Guy, einen Feminist mit Penis, der versucht es allen recht zu machen, den will man (oder Frau) aber auch nicht.
Aber bitte, was denn dann?
Es fehlen lebendige Vorbilder für einen modernen Mann:
Er soll selbstbewusst sein, Zugang zu seinen Gefühlen haben und diese auch zeigen können.
Er soll zuhören und gleichzeitig Klartext sprechen können. Er soll den Mut haben, Dinge offen anzusprechen, auch wenn es unangenehm ist. Er soll transparent kommunizieren können.
Einer, der als Mensch unabhängig ist und sich seinen eigenen Bedürfnissen und Meinungen bewusst ist und dafür einsteht, der aber auch Verantwortung trägt für die gemeinsame Beziehung.
Er soll führen können, aber nicht ständig führen wollen oder müssen.
Im Bett soll er weich sein, empfindsam, sinnlich und leidenschaftlich, und gleichzeitig auch klar, fest und fordernd sein können.
Er soll seine Beziehung zu seinen Eltern geklärt haben. Er soll anderen Menschen Grenzen setzen können, seine Position vertreten aber auch die Positionen anderer Menschen sehen und respektieren können.
Er soll verlässlich, aufrichtig und integer sein.
Er soll sich gut kennen und in der Lage sein, mit Mut, Disziplin und Willensstärke innere und äußere Widerstände zu überwinden.
Er soll in verunsichernden Situationen Halt und Sicherheit geben können.
Das Bild vom starken Mann, der seine Ziele durchsetzt und erreicht, ist ja nicht grundsätzlich verkehrt. Ein Hammer ist ein supergutes Werkzeug, aber nicht jede Herausforderung ist ein Nagel. Es wird erwartet, dass sein Werkzeugkasten reichhaltig bestückt ist und dass er weiß, wann er welches Werkzeug einsetzen kann und wie das geht.
Dabei wird immer klarer: In der komplexen und differenzierten Welt des 21. Jahrhunderts braucht es keine Vorbilder für Ergebnisse, bei denen es egal ist, wie das Ergebnis erzielt wird, ob der Weg dahin mit Leichen gepflastert ist. Es benötigt nicht Ergebnis-Vorbilder sondern Prozess-Vorbilder. Es braucht das Wissen und das Können, je nach Situation gut agieren und reagieren zu können, und dafür braucht es auch eine entsprechende Haltung.
Ein bestmögliches Ergebnis stellt sich bei einem bestmöglichen Prozess schon ein, denn Erfolg erfolgt, aber bei einem schlechten Prozess ein gutes Ergebnis zu erzielen ist schwierig. Dieses bei einem unbefriedigenden Verlauf schlussendlich doch noch mit einer spektakulären Prügelei, einem waghalsigen Autorennen oder einer beeindruckenden Explosion herzustellen, ist für Unsereinen nicht alltagstauglich.
Markige Vorbilder wie der Lonesome Cowboy, wie Aquaman oder James Bond sind zwar leicht zu erkennen und sich zu merken, aber sie sind für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht hilfreich.
Es sind Vorbilder notwendig, um auf eine differenzierte Art und Weise situativ handeln zu können, um Prozesse gut zu steuern. Das ist jedes Mal verschieden. So ein Verhalten ist weder deutlich zu erkennen, noch spektakulär. Man wird nicht so leicht den einen Mann als Vorbild finden, der sich bei Gefahr das Hemd vom Leibe reißt und je nach Situation empathisch, klar oder konfliktbereit ist. Solche Vorbilder sind, selbst wenn es sie gibt, nicht so leicht zu sehen.
Einst bewährte Strategien helfen nicht mehr weiter
In Krisen oder herausfordernden Situationen ist es in gewisser Hinsicht effektiv, auf das zurückzugreifen, was sich in der Vergangenheit bewährt hat und was in den Köpfen fest verankert ist. Das geschieht dann ganz von alleine, aber nicht weil es klüger ist, sondern weil das Gehirn in Momenten echter oder vermeintlicher Lebensgefahr das Vernunftgehirn abschaltet und das Überleben lieber dem Reptiliengehirn überlässt.
Unsere Krisen heutzutage sind aber in den seltensten Fällen ein echter lebensbedrohender Säbelzahntiger, der mit viel Kraft, Wumms und Heldenmut bekämpft werden kann. Die Herausforderungen des Alltags sind anderer Natur und benötigen auch andere Strategien.
Es fehlt ein neues Bild des Mannes, das weder das Gegenteil vom Altherren-Macho noch die Wunschliste bestellungsfreudiger Feministinnen ist. Es geht nicht darum, statt dem einem ausgedienten Bild einem anderen Bild zu dienen, sondern bei sich anzukommen, sich selbst bedingungslos zu lieben und das Potential, das in einem schlummert, zu entfalten. Nicht der Frau oder den Frauen zuliebe, sondern sich selbst zuliebe, um mit einem entwickelten und reifen Ich Familie, Partnerschaft und Betrieb führen zu können.
Rettet jeden einzelnen Mann!
Leider gibt es dafür kein Patentrezept, keine Vorlage, wie der neue Mann funktioniert, aber es gibt verlässliche Werkzeuge und Verhalten, um sich in aller Wahrhaftigkeit auf dem Weg zu machen um der zu sein, der man werden kann, kein anderer. Ein wirkungsvoller und Glück empfindender Mann, der sich den Herausforderungen des 21.Jahrhunderts stellt.
Am besten macht man sich zusammen mit Gleichgesinnten auf den Weg, so dass man sich begleiten, unterstützen, fordern und fördern kann. Wo man sich gegenseitig Vorbild sein kann, nicht als Idol, sondern mit seinem jeweiligen Verhalten.
Dafür muss man sich zusammentun, Männerfreundschaften bilden, sich aufeinander einlassen und reden, reden, reden. Nicht nur über Sachen und Ereignisse sprechen, sondern auch über Gefühle, Bedürfnisse, Träume, Ziele, Sorgen. Übers Scheitern reden, über Fehler, über Siege und Niederlagen, über Situationen, die beschämen, über Stolz, über Dankbarkeit, was einen beglückt oder was man an sich schätzt.
Das mag einem am Anfang fremd und unbekannt vorkommen. Die Sicherheit kommt jedoch im Gehen, die Souveränität mit dem Tun. Man muss sich aber aufmachen, den Weg betreten. Diese Entscheidung nimmt einem keiner ab.
Und letztlich tut man es nicht nur für sich: Es ist eine Haltungssache, für seine eigenen Kinder oder für andere Männer ein Vorbild zu werden.
Seminare speziell für Männer, die sich entwickeln wollen, findest Du hier:
Mann, sei glücklich in Deinem Familienbetrieb!
Peter Jantsch
PS: Und ehrlich, es sind so viele da draußen, die sich nach solchen Männerfreundschaften sehnen. Nur sieht man es den Männern nicht so an.
Und es redet ja keiner drüber. Eigentlich schade.
Fotos: Yazus Pancareken, Brett Sayles, Sammy Sander, Anete Lusina, (Pexels)