Mache Mikro-Urlaub Zuhause!

Wie sind Deine Gedanken oder Planungen für einen Urlaub in nächster Zeit? Wer so viel arbeitet, körperlich, aber auch gedanklich, weil so vieles bedacht, organisiert, miteinander verzahnt und unter einen Hut gebracht werden muss, der braucht verlässliche Erholungszeiten. Ein schöner Traum? Aber in der Landwirtschaft nicht realisierbar, schon gar nicht während der Ernte?
Nur weil etwas nicht zu gehen scheint, heißt es nicht, dass es nicht notwendig ist. Wer Hochleistung bringt, braucht Erholung und Möglichkeiten, seinen Kopf leer zu bekommen.
Keine Zeit, die Kühe trocken zu stellen? Keine Gelegenheit den Schlepper nachzutanken? Oder das Öl aufzufüllen, wenn die Öldrucklampe rot aufleuchtet?
Die Frage lautet nicht: „KANN ich während der Ernte, wo sehr viel Arbeit anfällt, Erholungszeiten einbauen“, sondern: „WIE kann ich während der Ernte, wo sehr viel Arbeit anfällt, Erholungszeiten einbauen?

Hans drückt den Anruf weg, er wird sich später melden. Erst noch den Steuerberater zurückrufen und ihn fragen, was er wollte. Währenddessen geht er in die Werkstatt, um zu schauen, ob das Zugmaul für den 6330 nicht doch auf der Werkbank liegt. Der Auszubildenden hat manchmal keine Augen im Kopf. In etwa 8 Minuten muss er am Acker sein, dann wird der Mähdrescher abtanken wollen. Hans geht schneller. Bevor er losfährt, muss er noch einen Kaffee haben. Diese Kopfschmerzen, wann hat er zuletzt mehr als 5 Stunden geschlafen? Er tippt an seine Frau Sandra: „Ist noch Kaffee da?“ Sie antwortet: „Schau selber nach. Bin im Schweinestall.“ Hans ärgert sich, muss er denn alles selber machen? Der Steuerberater wollte irgendwas wegen einem Bescheid wissen. Hans rennt in die Küche. Eine halbe Tasse lauwarmer Kaffee ist noch da, er nimmt ihn mit ins Büro. Wo ist der verfluchte Ordner? Er müsste längs mit dem Anhänger losgefahren sein. Er lässt den Kaffee stehen und rennt zum Schlepper.

Erntestress, Sommerwetter, Gerste, Raps, nächster Siloschnitt, im Moor das Heu für das Jungvieh, die Zufahrt zum Badesee zugeparkt, auf den Autobahnen Stau. Während die einen sich auf ihren Urlaub freuen, fragen sich die anderen, wann sie eigentlich mal wieder… oder überhaupt mal frei haben. Oder sie fragen eben eigentlich nicht, weil ein Landwirt im Sommer nicht in Urlaub fährt, sondern erntet. Ein Naturgesetz? Also: Augen zu und durch?
Das kann sehr schnell in einen Teufelskreis münden: Viel Arbeit > Gefühl nicht hinterher zu kommen > Stress > Daueranspannung > Konzentration und Wirksamkeit lässt nach > Fehler mehren sich > Gefühl, es nicht zu schaffen wird größer > noch mehr Druck usw. Wenn Du keinen Biss mehr hast, kannst Du das Problem nicht lösen, in dem Du die Zähne zusammenbeißt!

Erholung, Ausgleich, Entspannung und mal etwas anderes sehen muss sein! Wenn Du Dich in der Landwirtschaft engagierst und Verantwortung übernimmst, erbringst Du Hochleistung, Tag für Tag. Und so, wie eine Hochleistungskuh mal trocken stehen, ein Akku wieder aufgeladen oder ein warmgelaufener Schlepper abkühlen muss, so muss Du als Hochleistungslandwirt oder -landwirtin regelmäßig herunterfahren, Deinen eigenen Akku aufladen und den Kopf mal frei bekommen. Nur so kannst Du die Hochleistung aufrecht erhalten, Fehler vermeiden und der Spaß an der Arbeit behalten.
Wartung und Pflege von Maschinen kannst Du ja auch nicht aufsparen für wenn es mal passt, die muss geschehen, wenn sie dran ist. Das gleiche gilt für die Menschen. Vor allem für die Menschen! Die sind nämlich das Herzstück eines jeden Betriebes. Erholung lässt sich weder delegieren noch später nachholen. Erholung und wiederherstellen der Leistungsfähigkeit gehört zu den grundlegenden Pflichten eines Unternehmers. So wie die Fürsorge für die Tiere, für die Mitarbeiter, für die eigenen Kinder und Familienangehörige selbstverständlich ist, so selbstverständlich sollte, muss die Fürsorge für sich selber sein!

Also was tun?
Weiter von Urlaub träumen, Gespräche darüber verbieten, mit erhobenem Zeigefinger auf Pflicht und Arbeit zeigen und schlecht gelaunt die Zähne zusammenbeißen?
Nein.
Mach trotzdem Urlaub. Mikro-Urlaub Zuhause. Auf Deinem Hof, und das im Erntestress. Bevor Du in der „ganz-oder-garnicht-Falle“ gefangen bist und die Erholung auf irgendwann vertagst, probiere doch mal mit Mikro-Urlaub aus.
Mikrourlaub sind kleine, aber verlässliche Auszeiten zwischendurch, welche die Qualität und Wirkung eines echten Urlaubs haben. Sie können einen „richtigen“ Urlaub nicht ersetzen, sind aber viel besser als nichts. Und Hand aufs Herz: Nur weil Du für mehrere Tage mit Deinen Liebsten weg fährst, heißt das noch lange nicht, dass das Erholung wird. Es kommt nicht in erster Linie darauf an, WAS oder WO man es macht, sondern WIE man das macht!

Sven sitzt mit Ulrike auf der Terrasse bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen. Die Gerste wird gedroschen, sie sehen hinter der Baumreihe den Staub aufsteigen. Sven schaut auf seine Uhr und lehnt sich zurück. In etwa 8 Minuten wird der Hänger voll sein. Sein Arm liegt auf der Schulter seiner Frau. Ulrike hat kurz die Augen geschlossen. Ihr Lütter Thees rangiert den Tret-Trecker näher an den Sandhaufen ran. Was für ein kleiner Augenblick des Friedens. Mit tiefen Atemzügen genießt Sven diesen Moment. Schließlich reckt er sich, gibt Ulrike einen kleinen Kuss auf die Backe und steht auf.
„Vergiss den Kaffee für Kalle nicht!“ sagt sie mit geschlossenen Augen.
„Klar!“ sagt Sven und nimmt den Korb. Er streicht Thees über den Kopf. „Willst du mit?“
„Klar!“ sagt der.

Was ist ein Mikro-Urlaub?
Erholung stellt sich ein, wenn Du Dich wirklich vom Arbeitsalltag lösen kannst. Und das heißt nicht, dass der Arbeitsalltag schlecht sein muss. Auch etwas, was Du liebts, muss Du zwischendurch mal loslassen und Dich mit etwas anderem befassen. Deinen Kopf frei bekommen. Es ist so wichtig, zwischendurch mal etwas anderes zu sehen oder zu tun als normal.
Das Wichtigste aber ist: Schalte mal ab! Und das geht auch während der Ernte!
Mach mal diesen kleinen Test: Geh über den Hofplatz, z.B. vom Wohnhaus zum Stall, und miss die Zeit, wie lange Du brauchst wenn Du
a) gehetzt schnellen Schrittes dahin eilst, oder
b) entspannt und gemessenen Schrittes dorthin gehst.
Mach wirklich mal den Test mit einer Stoppuhr. Ich habe das getan und war vom Ergebnis verblüfft. Bei 25 bis 50 m macht das nur wenige Sekunden Unterschied aus. Gehetzt zu sein, bringt keinerlei Zeitersparnis. Es bringt Dir nur das trügerische Gefühl, alles im Griff zu haben. Dich zu beeilen, macht den Eindruck, auf alles das, was gerade los ist, angemessen zu reagieren. Aber es stresst. Und es stimmt nicht mal.
Dabei ist es oft so: Gelingt es Dir, ruhig und gelassen die Dinge abzuarbeiten, bist Du viel produktiver, als wenn Du gestresst den Dingen hinterher rennst. Hektisch im Quadrat zu springen, gibt Dir nur das Gefühl, produktiv und wichtig zu sein. Effektiv rund leistungsfähiger bist Du, wenn Du ausgeruht bist. Sorge also dafür, ruhig und gelassen zu sein! Und das ist weitestgehend Entscheidungssache! Ob Du hektisch reagierst, oder ob Du überlegt und strukturiert den Berg abarbeitest, entscheidest Du. Doch, das ist so. Selbst wenn es sich nicht so anfühlt.

Wie soll denn das gehen?
Es ist eine grundlegende Frage der persönlichen Haltung, ob Du Dich als Spielball der Ereignisse siehst, oder als „Herr im Haus“ (oder Herrin…). Ob Du nur noch reagierst, oder ob Du agierst. Der Berg an Arbeit mag derselbe sein, die Haltung macht den Unterschied. Ob das Getreide heute trocken ist, oder ob ein Regenschauer den Plan verändert, darauf hast Du keinen Einfluss. Aber wie Du damit umgehst, schon. Ob Du es zur Kenntnis nimmst und Deine Pläne anpasst, oder ob Du Dich ärgerst, im Geiste die Fäuste ballst, all die schwierigen Konsequenzen Dir ausmalst, oder Du denkst, dass das typisch ist, weil immer etwas schief geht usw. Das eine Verhalten ist souverän, das andere stresst. Für das Getreide ändert sich nichts, ob Du jetzt wie ein getriebener schlecht gelaunt herumrennst, oder ob Du stattdessen den Melkstand wäschst oder ein Stück Kuchen isst. Aber für Dich und damit für alle, die auf dem Betrieb leben und arbeiten, macht das was. Denn Stress und schlechte Laune prägen die gesamte Stimmung. Deswegen ist es auch Fürsorge für den ganzen Hof, für sich selbst Fürsorge zu betreiben und dafür zu sorgen, dass Du selber kraftvoll und zumindest neutraler Stimmung bist!

So geht Mikro-Urlaub
Mikro-Urlaub bedeutet, in den Alltag kleine Momente der Erholung einzubauen. Spontan, weil es sich gerade anbietet, und aber auch bewusst und geplant.

  • Tief atmen. Wenn Du in Stress gerätst, atmest Du flach. Atme dagegen bewusst tief ein und aus. Das beruhigt und kostet keine extra Zeit. Nutze jede Gelegenheit, die sich eignet, um tief zu atmen.
  • Sei im Jetzt. Viel Stress entsteht dadurch, dass Du Dich mit Deinen Gedanken in der Vergangenheit oder in der Zukunft aufhältst. Darüber verpasst Du die Gegenwart. Die meisten Menschen sind immer irgendwie woanders, nur nicht hier und im Jetzt. Kleine Urlaubsmomente nutzen Dir nichts, wenn Du sie gar nicht bemerkst und genießt. Eine bewusst genossene Tasse Kaffee, ein paar Minuten auf der Veranda, und dabei mal den Kopf ausschalten und ruhig atmen, das bringt so viel!
  • Schafft betriebsfreie Zonen! Für einen gelungenen Urlaub fährst Du weg, schaltest Dein Handy aus und redest mit Deinem Partner oder Deiner Partnerin über etwas anders, als über den Hof oder was sonst so den Alltag prägt. Das geht auch zuhause! Auch wenn das etwas künstlich erscheinen sollte: Definiere „Hof-freie Zonen“. Die Hollywood-Schaukel im Garten, die neue Bank vor der Küche oder die beiden Sessel im Wohnzimmer. Diese Zone ist Hof-frei: Keine Handys, keine Gespräche über den Hof. Das ist Gesetz! Dann verabrede Dich mit Deiner Liebsten oder Deinem Liebsten oder mit den Kindern für 3 Stunden oder für 15 Minuten in eurer „Urlaubs-Lounge“ und genießt diese Auszeit!
  • Erlaubt euch das Unerlaubte: Ja, auch bei herrlichem Sonnenschein darfst Du oder dürft ihr mit euren Kindern an den Badesee, auch, wenn es noch etwas zu tun gäbe und auch, wenn die Eltern kopfschüttelnd die Welt nicht mehr verstehen. Etwas zu tun, was einen hohen Preis hat, erhöht dessen Wert. Und wenn es im Sommer nur ein oder zwei Mal ist: Ihr habt in diesem Moment tief Urlaub eingeatmet. Das bleibt in Erinnerung.
  • Erlebt etwas Ungewöhnliches – daheim. Wenn ihr im Urlaub in unbekannten Regionen seid, erlebt ihr ungewohnte Dinge. Das geht auch Zuhause: Ein sommerlich gedeckter Frühstückstisch im Garten Mittwoch um 10 Uhr morgens, eine Übernachtung im Zelt auf der Heuwiese, ein Nachmittag mit den Kindern in der Weltraumstation zwischen den Heuballen. Oder kocht zusammen fremdartiges Essen mit ungewöhnlichen Zutaten. Entdeckt das Ungewohnte im vertrauten Heim.
  • Erinnert schöne Momente: Ein Geheimnis guten Urlaubs ist es, sich Erinnerungsstücke mitzubringen und die Erlebnisse von dort im eigenen Zuhause wieder lebendig werden zu lassen. Das geht auch ohne Souvenirbude. Wenn Dir und Deiner Familie ein schöner Mikro-Urlaub gelingt, dann macht euch das bewusst und gebt diesem Erlebnis einen Namen. „Eis-essen unter dem Holunderstrauch“, „Radeln kurz vorm Gewitter“, „Überraschungsfrühstück am Mittwoch“. Das Gehirn verknüpft den Begriff mit der Erfahrung, so kann man das leichter erinnern. Macht „Urlaubsfotos“ und hängt diese auf. Dann könnt Ihr euch später zusammen daran erinnern und es ein bisschen erneut erleben.
  • Lächele! Wenn Du glücklich bist, dann lächelst Du. Das kennt jeder. Es funktioniert aber auch andersherum! Lächele, und etwas entspannt sich in Dir. Lächeln geht aber nicht mit zusammengebissenen Zähnen. Es ist die Chance, verspannte Mundwinkel ein wenig zu entspannen. Dabei entspannt sich meistens auch der ganze Körper. Probiere es aus!
  • Regelmäßige Auszeiten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das Gehirn liebt Gewohnheiten und wiederkehrende Verhalten, neues und ständig etwas anderes ist für das Gehirn anstrengend, denn es kostet Energie. Du tust Dir einen großen Gefallen, wenn es regelmäßige und verlässliche Zeiten der Erholung gibt. Es ist leichter, einen Sprint einzulegen, wenn Du weißt, danach ist Zeit zum Durchatmen. Wenn sich Sprint an Sprint reiht, dann wächst die Gefahr von Erschöpfung oder Burnout-Dynamik. Beuge dem vor! „Warte“ Dich gut. Ein Ölwechsel ist zu spät, wenn der Motor trocken gelaufen und der Kolben festgebrannt ist. Richte Dir aktiv Freiräume ein, der betriebliche oder familiäre Alltag bietet von selbst keine an. Man muss es schon aktiv wollen – und konkret machen.

Also: Auf in den Urlaub daheim! Entscheide Dich dafür, es Dir bei aller Arbeit gut gehen zu lassen. Macht daraus eine Challenge, ein Wettbewerb im es sich gut gehen lassen! Und schicke doch ein Urlaubsfoto – vom Mikro-Urlaub Zuhause!

Sei glücklich in Deinem Familienbetrieb,
Peter Jantsch

 

 

BIlder: Verwendung von Fotos von Pexels: Anna Galeschawa, Amit Thakare, Lisa. z.T. bearbeitet.

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